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Geschichtstafel zur Erinnerung an den Absturz eines B-17 Bombers im 2. Weltkrieg

76 Jahre nach dem Absturz eines B-17 Bombers im Teglinger Moor wurde vom Heimatverein Teglingen in der Nähe des Absturzortes eine Geschichtstafel aufgestellt.


v.l. Andreas Vieler Vorsitzender Heimatverein Teglingen, Ewald Hermes Zeitzeuge, Heinz Hackmann Ortsvorsteher Gemeinde Teglingen, Michael Koers Heimatverein Teglingen, Joachim Eickhoff Vermisstensuchgruppe IKARUS, Harald Rduch Vermisstensuchgruppe IKARUS

Meppener Tagespost 07.03.2020
Meppener Tagespost vom 07.03.2020 


Meppener Tagespost 30.03.2020


Meppener Tagespost vom 12.03.2020

 

Gedenktafel

Gedenktafel

 

„Vor kurzem stürzte nachmittags ein amerikanischer Bomber im Teglinger Moor ab“.


 

Schulchronikauszug

So lautet die Eintragung in der Teglinger Schulchronik (1888-2016), die 2017 in einem Buch veröffentlich wurde und den letzten Hinweis geben konnte was damals 1944 im Teglinger Moor geschehen ist. Zehn Jahr zuvor bekam Michael Koers (44) der damals noch nicht im Heimatverein Teglingen ehrenamtlich tätig war, durch ein interessantes Gespräch mit dem Landwirt Bernhard Bölle (Strietfeld) mit, dass auf seinem jetzigen Acker, was damals noch eine Moorfläche war, im Krieg ein Flugzeug abgestürzt sei. Was für eines und wann es genau war, konnte er auch nicht mehr sagen. Dieser Hinweis veranlasste den damals geschichtlich interessierten Teglinger der Sache auf dem Grund zu gehen. Durch weitere Nachforschungen auf dem Acker von Bernhard Bölle stieß Michael auf viele Eisenteile, Aluteile, Kupferleitungen und Teile einer Instrumentenbeleuchtung, sowie mehrere leere Patronenhülsen.
Dies musste der Absturzort eines Flugzeuges gewesen sein, schlussfolgerte Michael.
Aber was für ein Flugzeug hatte er dort gefunden? Auf den Fundstücken war leider keine Einstanzung einer Flugzeugnummer oder Identifikationsnummer zu erkennen. Also wurden weitere Untersuchungen und Nachforschungen erst einmal verschoben, was im nachhinein leider ein großer Fehler war, da Zeitzeugen im Jahre 2019 nur noch schwer zu finden sind. Schließlich geschah der Absturz vor 76 Jahre.
In Teglingen sind während des zweiten Weltkrieges lt. Teglinger Schulchronik 6 Flugzeuge abgestürzt.


Dies wird durch die folgenden Eintragungen dokumentiert:

27.05.42: Heute musste eine JU 88 ostwärts von Teglingen notlanden. Von den vier Mann der Besatzung war einer tot, die drei anderen schwer verletzt. Das Flugzeug ging zu Bruch. Teglinger leisteten den Schwerverletzten die erste Hilfe, was von Fachärzten anerkennend hervorgehoben wurde. 

13.06.43: In der Nacht zum Pfingstsonntag stürzte ein englischer Halifaxbomber in der sogenannten Backemude, Vormeppen ab. Die Besatzung scheint sich durch Absprung gerettet zu Haben. Einige Tage später wurde in einer Wiese bei Teglingen eine vollständige englische Fallschirmjägeruniform gefunden. 

06.03.44:  als Nachtrag geschrieben unter dem 06.03.44: Vor kurzem stürzte nachmittags ein amerikanischer Bomber im Teglinger Moor ab. 

25.03.44: In der Nacht vom 24. zum 25.03 stürzte wieder ein Feindflugzeug in Teglingen ab. Schaden wurde nicht angerichtet. 

23.12.44: Am 23. Dezember musste ein deutsches Jagdflugzeug auf dem Westeresch in Teglingen notlanden. Das Flugzeug ging zu Bruch. Der Pilot, ein Oberfähnrich, wurde mit Verletzungen ins Lazarett geschafft, wo er nach einigen Tagen starb. 

09.01.1945: Am 9. Januar landete ein deutsches Jagdflugzeug im dichten Schneetreiben in Teglinger Bruch. Es zerbrach; der Pilot, ein Fliegerleutnant, kam unverletzt davon.
 

Diese Eintragung vom 06.03.44 veranlasste Michael 2019 wieder neue Nachforschungen anzustellen. In der Eintragung wird nämlich die Nationalität, der Flugzeugtyp, der Absturzort, sowie die Absturzzeit erwähnt. Nun konnte er mit diesen Informationen endlich auch Joachim Eikhoff von der Vermisstensuchgruppe „Ikarus“ kontaktieren. Im Gespräch stellte sich heraus, dass von diesen 6 Flugzeugabstürzen, 3 Abstürze nicht bekannt und dokumentiert waren. Sie wurden in die Datenbank von Herrn Eikhoff dankend aufgenommen. Herr Eikhoff erzählte in diesem Zusammenhang, dass  knapp 450 Flugzeuge  während des zweiten Weltkrieges nur im Emsland und der Grafschaft Bentheim abgestürzt sind. Insgesamt wurden durch die Vermisstensuchgruppe „Ikarus“ in Nordwestdeutschland rund 1200 Abstürze dokumentiert und an vielen Absturzorten Kreuze, als Erinnerung und Mahnung zugleich, angebracht, fügt Herr Eikhoff als Ergänzung hinzu.

Michael Koers und Joachim Eickhoff in seinem Ausstellungsraum der Vermisstensuchgruppe IKARUS in Lingen/Bramsche.
Zwischen den Beiden ein Propellerblatt eines B-17 Bombers aus dem 2. Weltkrieg.

 



 Fundstücke der Shade Ruff


Die Spannung stieg, als Michael nach dem Flugzeugabsturz um den 06.03.1944 im Moor fragte, und tatsächlich wurde ein Absturz in diesem Gebiet von der Vermisstensuchgruppe dokumentiert. Und Zwar am 08.03.1944, bei Schleuse Teglingen (heute Schleuse Meppen), von Meppen zwei Meilen südöstlich, so steht es geschrieben. 

Es war ein B-17 Bomber von der 8. Air Force, Group 401st., Squadron 614th.

Flugzeugidentifizierungsnummer: IW-D 42-31488

Der Name diese Flugzeuges hieß als Nickname: „Shade Ruff“

Hersteller war die Boing Aircraft Company aus Seattle, USA.

Hergestellt am 08.11.1943 und ausgeliefert am 02.01.1944 an die

401st. Bombardierungsgruppe der US Air Force

Besatzung: 10 Mann 

Der Name dieses Bombers als Nickname hieß: Shade Ruff, und gehörte zu der 401. Bombardierungsgruppe der US Airforce. Die 401. Bombardierungsgruppe, dem dieser Bomber zugeteilt war, wurde am 1.April 1943 auf dem Militärflugplatz Ephrata in Washington gegründet, und bestand aus 4 Staffeln mit insgesamt 60 Flugzeugen. Im Oktober 1943 bezog die 3.000 köpfige Gruppe mit ihren Flugzeugen den Flugplatz Deenethorpe, etwa 100 km nördlich von London in England. Dazu gehörte auch in der 614st. Staffel die Shade Ruff. Vom Typ war die B-17 ein zehnsitziger, strategischer schwerer Fernbomber. Je nach Typ verfügte eine B-17 über 4 luftgekühlte Neunzylinder Sternenmotoren mit je 1200 PS Startleistung und 1380 PS Not- Kampfleistung. Höchstgeschwindigkeit 462 km/h in 7620 m Flughöhe, Marschgeschwindigkeit 293 km/h, sowie eine Dienstgipfelhöhe von 10850 m. Die Reichweite mit einer Bombenlast von 2722kg betrug ca. 3219 Kilometer. Bewaffnung: 13 x 12,7 mm MG Maschinengewehre, davon jeweils zwei MGs in den Türmen vorne unten, auf dem Rücken, im Heck sowie in der Unterrumpfkanzel. Zwei weitere im Bug in den Bugstutzen, eins im Funkraum und je eins links und rechts im Rumpf, sowie einer max. Bombenlast von 7983 kg. Die B-17 Flying Fortress, was übersetzt die Fliegende Festung bedeutet, war der berühmteste Bomber der Amerikaner im Zweiten Weltkrieg. Die Bomberversion wie die Shade Ruff, war bekannt dafür, große strukturelle Schäden anzurichten und manchmal sogar mit einem, zwei oder gar drei zerschossenen Motoren noch sicher zurück zum Stützpunkt fliegen zu können. Sie flog gezielte strategische Bombenangriffe auf feindliche Ziele und zerstörte diese mit verheerender Präzision. Sie flog ihre Einsätze stets bei Tageslicht wegen ihrer guten Verteidigungsbewaffnung an Bord.

Der B-17 Bomber Shade Ruff II


Pilotenjacke der Shade Ruff

Die Shade Ruff hatte die Flugzeugnummer 42-31488, und wurde am 08.03.1944 durch die Peterson Crew geflogen. Morgens um 05.45 Uhr wurden 22 Besatzungen der 401. Bombardierungsgruppe informiert, und über die Missionsdetails aufgeklärt. Der Auftrag lautete: Zerstörung des Kugellagerwerkes in Erkner bei Berlin. Kugellager wurden damals in allem mechanischen Geräte des deutschen Heeres, der Luftwaffe und der Marine eingebaut. Ziel war es, die Produktion von Kriegsgeräten zu stören oder ganz zum Erliegen zu bringen. Zur selben Zeit wurden die 22 Flugzeuge mit Bomben und MG-Munition startklar gemacht. Bei gutem Wetter starteten die 22 Flugzeuge um 09:45 Uhr. Zum gleichen Zeitpunkt starteten auf 30 anderen Flugplätzen in Ostengland insgesamt 623 Bomber und etwa 891 Langstreckenjäger als Begleitschutz. Die Flugzeuge hatten alle ein Ziel. Das Kugellagerwerk in Erkner. 

Der Anflug der feindlichen Bomberverbände blieb auch der leichten Heimatflakbatterie 64/XI Meppen nicht verborgen.“ Um 11:30 schrillte das Feldtelefon: Feuerbereitschaft. Wir eilten auf die drei Flaktürme der Schleuse Varloh. Die Geschützplane wurde entfernt, die 2-cm Flak 38 gespannt. Nun dauerte es nur noch einige Augenblicke bis die ersten Bomberpulks am westlichen Horizont auftauchten. Es waren Verbände von 10-20 Maschinen die völlig ungestört und gradlinig in einer Höhe von 4000-5000 Metern dahinflog. Mit unserer Flak konnten wir nichts ausrichten, und staunten wie viele Bomber Richtung Berlin flogen. Es erwies sich als unmöglich alle Pulks zu zählen“. So berichtet 1994 Georg–Richard Hahn, Flakhelfer der leichten Heimatflak-Batterie 64/XI Meppen, in seinen Aufzeichnungen die auch ausführlich im Buch“ Als unser Kirchturm verschwand…“ erschienen ist. Die leichte Heimatflakbatterie Meppen sollte die Schleusen Varloh, Teglingen und Meppen gegen feindliche Fliegerangriffe verteidigen. Unter diesen Bombern die am Vormittag Richtung Berlin/Erkner flogen befand sich auch die Shade Ruff. 

Um 13:23 Uhr wurde im Großraum Berlin Fliegeralarm ausgelöst. Gegen 14:00 Uhr näherte sich die Armada Berlin/Erkner. In drei Wellen schütteten die Bomber ca. 272,5 t Spreng- und 690 t Brandbomben über das Ziel aus.

In einem Dokument einer Nachbesprechung steht als Zusammenfassung der Mission 33 geschrieben:

Die 401. lieferte die High Box des 94 th Combat Wing. Als klares Wetter einen visuellen Angriff auf das Ziel ermöglichte, platzierte unsere Gruppe ihre Bomben direkt auf das Kugellagerwerk. Die Luftwaffen- und Flakbatterien, die das Berliner Gebiet verteidigten, leisteten heftigen Widerstand, schlugen 36 Bomber der 8. Luftwaffe nieder und beschädigten 231 weitere. Die 401. verlor ein Flugzeug und Besatzung, Nr. 42-31488 (Shade Ruff), pilotiert LT. Arnold D. Peterson.

Leider wurde auch das schöne alte Stadtgebiet von Erkner schwer getroffen, wobei von den 1333 Häusern 1007 zerstört oder unbewohnbar wurden. 236 Menschen mussten ihr Leben lassen. Am 6. und am 8. März wurden zum Ersten mal große Bombenangriffe bei Tageslicht über Berlin geflogen und markierte ein Wendepunkt im Luftkrieg des 2.Weltkrieges. Der Krieg kam nun dahin zurück, wo er auch herkam. Die Stadt Erkner gedenkt jedes Jahr mit einer Kranzniederlegung den 236 Opfern des Bombenangriffes.






Original Fotos der Bombardierung von Erkner (Archiv Erkner)


Doch was war genau passiert? Ein weiteres Dokument gibt darüber Auskunft und zwar der Missing Air Crew Report Nr. 2911. In diesem Report steht über den Rückflug der Bomberverbände: Die schon zurückfallende Shade Ruff feuerte 15 rote Fackeln aus dem linken Fenster als Hilfesignal ab. Sie hatte anscheinend Probleme mit den Motoren oder wurde durch die deutsche Flakabwehr erheblich beschädigt. Vier P-38 Lightning Langstreckenjäger der US Air-Force haben die nacheilende B-17 aufgenommen. Die P-38 Flugzeuge blieben fast eine halbe Stunde dabei und flogen zwischen der Shade Ruff und den Rest der Gruppe hin und her, bis der Abstand zu groß wurde. Die Kondensstreifen der Shade Ruff wurden zuletzt bei Stendal gesichtet als die in 4000 Meter Höhe immer weiter zurückfiel. Nach Zeugenberichten  der 613. Flugzeugstaffel war die Shade Ruff soweit unter Kontrolle und die Klappe des Bombenschachtes stand offen. Des weiteren werden alle Namen der Besatzung aufgelistet: Pilot: Lt. Arnold Dale Peterson (18 Jahre), Copilot: Lt. George W. Morse (25), Navigator: Lt. Harley O. Honeberger (25),Bombenschütze: Lt. Robert K. Creed (25), Funker: S/Sgt. John B.Kuntz (38), Top Turret Gunner: S/Sgt. Robert L. DelGiorno (21), Ball Turret Gunner: Sgt. Arthur E. Newell Jr (20)., Heckschütze: Sgt. Howard S. Kneese (21), Left Waist Gunner: Sgt. Joseph C. Jay (23) und als Right Waist Gunner: Sgt. Frank O. Bailey (33). 

So geschah am späten Nachmittag des 08.03.1944 das unvermeintliche. “Um 15.46 Uhr erreichte uns die Nachricht dass sich ein Bomber in relativ geringer Höhe aus dem Raum Haselünne-Bokeloh direkt im Anflug auf unsere Flakstellung an der Varloher Schleuse befand. Als sich die Boing Fortress II näherte und in Reichweite unserer Geschütze (2 cm Flak 38) kam, ertönte das Kommando „Gut Zielen, Feuer Frei“. Ich weiß nicht, ob eines unserer Geschütze  getroffen hat, denn kurz darauf drehte der Bomber nach Nordwesten ab und der 3. Zug in Teglingen sowie der 2. Zug in Meppen eröffneten ebenfalls das Feuer. Nach Absprung der Crew Besatzung stürzte die Shade Ruff im Teglinger Moor ab. Um 17.15 Uhr- die Feuerbereitschaft war gerade aufgehoben- stand ich in der Nähe unserer Wohnbaracke, als ich einen Mann erblickte, der einen anderen in hellbraunen Overall zu uns in die Stellung führte. Beim näheren hinsehen entdeckte ich dass es sich um einen amerikanischen Piloten handelte und der Overall eine beheizbare Kombination war, denn der Stecker baumelte hinten bis über die Knie. Nun fragte auf Englisch mein Klassenkamerad, was eigentlich verboten war, ganz gezielt den Amerikaner: Wie oft bist du über Deutschland schon geflogen? „Das war mein erster Flug. Wir hatten einen heftigen Luftkampf über Berlin. Ein Motor ist ausgefallen. Wir versuchten den Kanal (Ärmelkanal) zu erreichen, aber…..., er wahr völlig deprimiert und zeigte auf seine Rippen. „Meine Rippen sind gebrochen“, stöhnte der Amerikaner. „Wir haben schon nach den Doktor gerufen, beruhigte ich ihn. Später erzählte er mir auf meine Fragen, dass er als Navigator im Bomber gewesen, 19 Jahre alt sei und aus New York komme. Danach wurde er mit einem LKW abtransportiert.
So berichtet 1994 Georg–Richard Hahn, Flakhelfer der leichten Heimatflak-Batterie 64/XI Meppen.



Flakhelfer Schleuse Varloh (Fotoarchiv Heimatverein Meppen)


Flugstrecke der Shade Ruff


Was während des Beschusses der Shade Ruff mit der Varloher und Teglinger Schleusenflak geschah, schildert der Augenzeuge Gerhard Otten (86 Jahre) aus Teglingen. “ Damals wohnten wir in Heuer bei Bauer Thale, fast genau dort wo die ganze Besatzung des Bombers über dem  Teglinger Gemeindegebiet abgesprungen ist. Ich und der Nachbarsjunge Heinrich Holt beobachten an diesem Nachmittag wie die Varloher Flak einen langsam fliegenden Bomber beschoss. Kurz darauf erfolgte auch der Beschuss durch die Teglinger Flak. Man konnte dort wo wir waren gut erkennen, dass einige Flakgeschosse das Flugzeug trafen. Noch während des Beschusses sprang die ganze Besatzung ab. Wir beide zählten 10 Absprünge über dem so genannten Brauke südöstlich von Teglingen. Auf Höhe Teglingen machte das führerlose Flugzeugzeug eine leichte Drehung und steuerte Richtung Teglinger Haar/Böllenmoor zu, wo es da irgendwo aufschlug. Danach sind Heinrich und ich mit dem Fahrrad zur Absturzstelle gefahren. Als wir ankamen standen dort schon die Flaksoldaten und begutachteten das Flugzeug. Wir als Kinder konnten sogar mühelos bis zum Flugzeug gelangen. Dort lagen überall Trümmerteile und haufenweise MG Munition, die wir am nächsten Tag aufsammelten, die Spitzen abbrachen und das  Pulver aus den Patronen nahmen. Im nach hinein eine gefährliche und dumme Idee. Von der Besatzung hörte ich nichts wieder. Einige Tage später soll das Flugzeug ausgebrannt sein“. 

Das nachfolgende Kriegsereignis wurde vom Bombardier der Shade Ruff Lt. Robert K. Creed (1919-2002) aufgeschrieben und von seiner Tochter Margret Davis geb. Creed (New York), dem Heimatverein zur Verfügung gestellt. “Ich und der Rest der Besatzung mussten unserer B-17 verlassen. Als ich meinen Fallschirm öffnete bekam ich einen solchen Rückstoß, das ich fast gegen das Heckruder unseres Flugzeuges geknallt bin. Ich hatte Glück und landete dann aber mit meinem Fallschirm in einem hohen Baum. Als ich versuchte den Gurt vom Fallschirm zu lösen brach dann noch der Ast an dem ich mich festhalten wollte ab, und ich fiel aus großer Höhe auf dem Boden. Durch eine Drehung konnte ich ein Genickbruch verhindern und landete ungebremst hart auf dem Boden. Ich hatte mir dabei mehrere Rippen gebrochen. Ich wurde ohnmächtig und bin erst wach geworden, als ich merkte dass jemand mir meine Stiefel ausziehen wollte. Ich blickte in ein Gewehrlauf und einer Heugabel. Ich wurde von Bewohnern des Ortes (Teglingen?) festgehalten, und wurde dann zu einem Hauptlager in der Nähe gebracht“. Michael Koers vermutet das Robert K. Creed sogar der Gefangene der Heimatflak in Varloh gewesen sein wird. Da New York und die Rippenbrüche des Gefangenen genau mit der Erzählung von Georg-Richard Hahn übereinstimmen. 

Was in dem darauf folgenden Tag geschah, daran kann sich der Zeitzeuge Ewald Hermes (86 Jahre) noch gut erinnern.“ Wir wohnten heute wie damals in meinem Elternhaus am Teglinger Bahnübergang. Das damals als Vormeppen bezeichnete Gebiet, gehörte schulmäßig zu Teglingen,. Wir Vormeppener und die Backemuder Kinder gingen jeden morgen an der Teglinger Straße entlang, die damals noch aus groben Schottersteinen bestand, in Richtung Teglingen zur Schule. Wir hatten von allen Schülern den längsten weg und mussten eine ¾ std. vor Schulbeginn los. Neben der Teglinger Straße wurden etwa alle 50 bis 100 Meter Deckungslöcher ausgehoben, damit wir bei Angriffen alliierter Tiefflieger Schutz fanden. Am  Nachmittag des 08.03.1944 hörten wir die Teglinger Flak und wenig später gab es einen dumpfen Knall und wir wussten erst nicht vorher der dumpfe Knall kam, bis wir am Morgen auf dem Weg zur Schule etwa 100 Meter östlich der Teglinger Straße im Moor erkennen konnten, das dort ein alliiertes Flugzeug abgestürzt war. Nach der Schule gingen ich und meine Brüder zur Absturzstelle. Dort lag ein amerikanischer Bomber mit der Schnauze Richtung Teglinger  Straße. Etwa 200 Meter hinter dem Wrack, erkannten wir, dass der Bomber beim Absturz einen Erdhügel durchbrochen hatte und dann im Moor zum Liegen kam. Viele Wrackteile lagen rund um den Absturzort verteilt. Bei dem Flugzeug standen viele deutsche Soldaten, die das Flugzeug inspizierten. Dann sah ich wie sie einen Gefangenen mit Fliegerjacke dazu drängten, er solle ein Maschinengewehr abschrauben. Er tat es nicht und er wurde mit dem Gewehrkolben gestoßen. Er blieb stur und die Soldaten mussten das Maschinengewehr selber abschrauben. Später haben sie alle Maschinengewehre abgebaut und den Gefangenen abtransportiert. Ich und Gerhard Otten hörten später, dass es der Pilot Lt. Peterson gewesen sein soll. In den Tagen darauf erfuhr ich, das ein russischer Zwangsarbeiter, der bei der Familie Fehnker aus Teglingen mithelfen mußte, eine Crew Mitglied der Shade Ruff vom Acker mit nach Fehnkers Hause brachte. Er wurde daraufhin gefangen genommen“.    


Robert K. Creed


Übersichtskarte 


Absturzstelle heute

 

Nach der Gefangennahme aller Crew-Mitglieder durch Flaksoldaten und der Landwacht rund um das Teglinger Gemeindegebiet, wurden sie in Arrest genommen. Copilot LT. G. Morse schaffte es sogar bis nach Georgsdorf. Alle hatten den Absturz überlebt. Das war nicht selbstverständlich das Piloten und deren Crew in Gefangenschaft genommen wurde. Nach der Bombardierung größerer Städte wie Dresden und Hamburg, wurden als Vergeltungsmaßnahmen in einigen Fällen Piloten von abgestürzten alliierten Flugzeugen an Ort und Stelle erschossen. “Auch als ein Flugzeug in Engelbertswald zwischen Teglingen und Klosterholte abgestürzt war, wurde der am Bein verwundete Pilot von einem Landwirt aus Klosterholte mit einem Jagdgewehr gefangen genommen. Nach Benachrichtigung an die Wehrmachstelle in Meppen kam sogar der Zuständige NSDAP Kreisleiter von Meppen Josef Egert mit seinem Wagen nach Klosterholte, und befahl den Landwirt den Piloten zu erschießen. Er tat es nicht und lief davon. Glücklicherweise wurde er dafür später nicht belangt. Nach dem Krieg bekam der Landwirt von der Britischen Besatzungsmacht ganz viele Granathülsen aus Messing als Dank, das er den Piloten nicht erschossen hat“, erinnerte sich Ewald Hermes (86 Jahre). Diese Geschichte konnte von der Vermisstensuchgruppe „Ikarus“ bestätigt werden. An den Namen des Landwirtes konnte er sich nicht mehr erinnern. Aber das ist eine andere Geschichte. Wenige Wochen  später wurden die Crew Mitglieder Kuntz, DelGiorno, Newell, Kneese, Jay und Frank Otis Bailey in das im Mai 1944 neugebaute Kriegsgefangenlager Stalag Luft 4, Groß Tychow, Westpommern, heute Stadt Tychowo, Polen transportiert. Tychowo ist rund 260 km nordöstlich von Berlin entfernt. Die Offiziere der Shade Ruff um Pilot Peterson wurden in das Stalag (Stammlager) Luft 1(Stadt Barth, Vorpommern) und das Stalag Luft 3 (Sagan, Schlesien) untergebracht.
In einem Bericht des internationalen Roten Kreuze vom Oktober 1944 wird das Lager Stalag Luft 4 beschrieben in dem die 5 Crew Mitglieder der Shade Ruff gefangen gehalten wurde. Hier ein kleiner Auszug davon.
Das Lager ist in fünf durch Stacheldrahtzäune getrennte Gebäude unterteilt. Die Kriegsgefangene werden in 40 hölzerne Barackhütten mit jeweils 200 Mann untergebracht. Keine der Hütten ist beheizt. Im ganzen Lager gibt es nur fünf kleine Eisenöfen und das bei insgesamt 9000 Gefangenen.
Die Gefangenen waren hauptsächlich amerikanische Unteroffiziere (8033 Mann) der amerikanischen Luftwaffe die bei Flugzeugabstürzen gefangen genommen wurden. Hier verbrachten die 5 Crew Mitglieder fast 10 Monate in relativ guten Haftbedingungen, da alliierte Gefangene nach der Genfer Konvention besser behandelt wurden als z.B. russische und polnische Soldaten. Die Sterberate bei den alliierten Kriegsgefangenen betrug etwa 2%, gegenüber einer etwa 40% bis 50% Sterberate bei den sowjetischen Kriegsgefangenen (siehe z.B. die Emslandlager).Als die Rote Armee immer weiter Richtung Westen vorstieß entschloss sich die Heeresleitung alle Gefangenen Richtung Westen in andere Lager zu schicken, damit sie nicht in Feindeshände gelangten. Oder sie sollten für Himmler als Faustpfand bei Verhandlungen mit den Alliierten dienen.
Am 6. Februar machten sich rund 8000 Männer des Stalag 4 Lagers auf den Weg Richtung Westen. Der Marsch, der auch als „der Schwarze Marsch“ bekannt wurde, dauerte insgesamt 86 Tage. Pro Tag mussten die Gefangenen 25 bis 33 km meist im Zickzack marschieren, um der vom Osten vorkämpfenden Roten Armee zu entkommen. Der Marsch ging von Groß Tychow nach Swinemünde über die Inseln in das Gebiet von Neubrandenburg und dann Richtung Hannover. Auch die Crew Mitglieder der Shade Ruff unter anderem Sgt. A. Newell und Frank Otis Bailey waren dabei. Der Januar und der Februar 1945 gehörten zu den kältesten Wintermonaten des 20. Jahrhunderts in Europa, mit Schneestürmen und Temperaturen von bis zu -25 Grad, bis weit in dem März hinein. Die meisten Kriegsgefangenen waren für den Marsch schlecht vorbereitet. Unterernährung und schlechte Winterbekleidung machten ein Übriges. „Frank Otis Bailey ging es während des Marsches im Februar immer schlechter, aber er marschierte weiter. Wir waren ungefähr 1 Meile östlich von Neubrandenburg, als Frank nicht weiter konnte und zusammenbrach. Er fiel mit ungefähr 20 anderen Kriegsgefangenen aus. Am 3. März 1945 erzählten mir die Deutschen, sie hätten Bailey ins Gefängniskrankenhaus nach Neubrandenburg gebracht, wo er dann am 27. April 1945 an Erschöpfung starb“, so Crew Mitglied Sgt. A. Newell. Frank Otis Bailey hinterließ seine Frau, zwei Töchter (8 u.7 Jahre alt) und einen Sohn (5 Jahre). Die 4 anderen Crew Mitglieder von Stalag 4 wurden am 2. Mai an der Elbe bei Lauenburg von den  Briten befreit. 


Original Foto "Der schwarze Marsch"


Selbst eine New Yorker Zeitung berichtete über diesen Absturz und die tragischen Umstände zweier Brüder die in Europa gegen die Nazis kämpften. Bombardier 2LT. Robert K. Creed wurde nach dem Flugzeugabsturz der Shade Ruff als Kriegsgefangener (POW= Prisoner of War) in das Lager Stalag Luft 1 gefangen gehalten. Auch sein jüngerer Bruder, Melvyin Creed (19) wurde als Infanterist in den Krieg eingezogen und kämpfte in Frankreich, Belgien und Deutschland. Im Brief vom 13. April 1945 an seine Eltern hatte Melvyin gehofft seinen Bruder Robert aus der Gefangenschaft befreien zu können. Melvyin starb 5 Tage später am 18. April bei Kampfhandlungen auf deutschem Gebiet. Robert K. Creed sowie die anderen 3 Gefangenen Crewmitglieder des Stalag Luft 1 Lagers, wurden am 2. Mai von der Russischen Armee befreit.

 



Von den ursprünglichen 10 Crew Mitgliedern der Shade Ruff sahen 9 Crew Mitglieder ihre Heimat USA wieder. Um Geschichtlich an dieses Ereignis und an den Tot von Frank O. Bailey und an die überlebenden Crew Mitglieder der Shade Ruff zu erinnern, möchte der Heimatverein Teglingen am Absturzort eine Geschichts/Gedenktafel aufstellen. „Ich möchte alle Bitten die sich noch an die übrigen 5 Flugzeugabstürze aus der Schulchronik erinnern, dem Heimatverein ihre Erinnerungen und Erlebnisse mitzuteilen, damit wir ein wenig Licht in die Teglinger Kriegsjahre bringen können, so der Vorsitzende des Heimatvereins Teglingen Andreas Vieler. Danken möchte Michael Koers (Kassenwart) für die Hilfe bei seiner Recherche über diesen Flugzeugabsturz die Vermisstensuchgruppe Ikarus und Andy Swinnen aus den Niederlanden. Er erinnert mit seiner Internetseite: www.remember-our-heroes.nl an das Andenken der 401.st Bombergroup, und hat mir viele Informationen und Bilder zu Verfügung gestellt. So wurde aus einer kleinen Randbemerkung eines Flugzeugabsturzes, doch eine sehr Interessante Geschichte. Wer noch mehr über die B-17 erfahren möchte, kann sich bei Youtube den interessanten Beitrag unter: Die besten Kampfflieger des 2. Weltkrieges-B-17 Flying Fortress (Dokumentation Deutsch), anschauen